Historie 1948 - 1955



Gustav A. Petermann, 30.03.1917 - 23.10.2016
Er lebt in unserer Erinnerung weiter, ohne ihn hätte es das „Dieburger Dreiecksrennen“ von 1948 bis 1955 wohl nie gegeben!

Herbert F. Kreher und Rainer Wieshoff zeichneten 2014 Gustav A. Petermann und seine Frau Marie Luise in ihrer Darmstädter Wohnung aus.
© Dörr

 


Der neugegründete Darmstädter Motorsportclub (MCD) unter Leitung von Gustav A. Petermann erhielt 1948 die Genehmigung vom Deutschen Motorsportverband (DMV), ein Motorradrennen zu veranstalten. Aber es gab noch keine Rennstrecke! Darmstadt war im Krieg zu über 70% zerstört worden und es war unmöglich, trotz aller Bemühungen und der Unterstützung des damaligen Bürgermeisters, eine Rennstrecke zu finden.
Auf der Rückreise Petermanns von einer Geschäftsfahrt in den Odenwald erweckte die lange Waldgerade (ca. 1 km) der B 26 bei Dieburg sein Interesse. Er fuhr sie rauf und runter, bog dann in die Aschaffenburger Straße nach Dieburg ein und die Groß Umstädter Straße wieder hoch zur B 26. Nach drei Umrundungen stand für ihn und seinen Freund Alfons Keller fest: Dies ist es, was wir suchen!

Streckenplan 1948 - 1951


Der nächste Schritt - und zugleich der wichtigste - war der Besuch des Dieburger Bürgermeisters Ludwig Steinmetz. Man unterbreitete ihm, in Dieburg eine Rennstrecke für Motorradrennen gefunden zu haben. Der Bürgermeister war sehr interessiert, hatte er doch den wirtschaftlichen Aspekt und den Imagevorteil durch eine sportliche Großveranstaltung für die 7500 Einwohner zählende Kreisstadt erkannt. Er versprach den schriftlich genau detaillierten Vorschlag dem Gemeinderat zu unterbreiten. Am 22. Juli 1948 sprach sich die Mehrheit für den Vorschlag aus. Allerdings sollten die Kosten für die Stadt 4000 DM nicht übersteigen.
Nun konnte der MCD mit der Planung beginnen. Wochenlange Vorbereitungen im Darmstädter Rennbüro wechselten sich ab mit Gesprächen mit dem Bürgermeister und dem Gemeinderat.
Die Bevölkerung Dieburgs wurde davon unterrichtet, dass alle bekannten Rennfahrer nach Dieburg kämen und spannende Wettkämpfe zu erwarten seien. Tausende Zuschauer seien zu erwarten. In seiner väterlichen Art machte Bürgermeister Steinmetz die Bevölkerung darauf aufmerksam, dass „diese Veranstaltung für unsere Stadt und die hiesige Geschäftswelt von besonderer Bedeutung“ sein würde. Außerdem ermahnte er die Bürger „Straßen und Gassen mit besonderer Sorgfalt zu reinigen“ und dass es notwendig sei, etwa 400 Quartiere für zwei Tage zu organisieren. Er ermahnte sie, „freundlich zu den Gästen und Fremden zu sein“ und an die Geschäftswelt appellierte er, „nicht an einem Tag reich werden zu wollen, denn nächstes Jahr wollt Ihr wieder verkaufen“.

Start- u. Zielhaus am Forst

Am 24. September 1948 um 10:00 Uhr begann das erste freie Training. Ein unverkennbarer Geruch von Rhizinus, Äther und Benzol hing über der Stadt, deren Bewohner im Rennfieber waren. 114 Solo- und 39 Seitenwagenmaschinen hatten gemeldet. Viele Schaulustige und Autogrammjäger umlagerten das Fahrerlager und das Start- und Zielhaus im Forst. Bekannte Fahrer wie „Schorsch“ Meier, Wilhelm Herz, Heiner Fleischmann, Hermann Böhm, Wiggerl Kraus, H.P. Müller usw. waren gemeldet.

 

Groß-Umstädter-Straße, Roth-Ruf, SW BMW 750

Beim zweiten Rennen am 17. Juli 1949 starteten auch sechs Kleinstrennwagen bis 750 ccm. Dies sollten nicht das letzte Mal sein, dass Wagen ein Rennen bestritten. 1952 starteten 14 Porsche in der Klasse für Sportwagen bis 1100 ccm auf der nun auf 5 km verlängerten Strecke.
1950 gab es versuchsweise zwei Renntage. Samstags ab 14:00 Uhr gingen die Ausweisfahrer und die 125er Lizenzklasse an den Start. Der Sonntag blieb den übrigen Lizenzfahrern überlassen. Der „Motorsport Informationsdienst“ beschrieb das Geschehen als „eine der bestorganisiertesten Veranstaltungen der Nachkriegszeit“.

 

Otto Daiker auf Lambretta Rennversion

Das 4. Dieburger Dreiecksrennen wurde auf den 15. April 1951 vorverlegt und eröffnete somit die Motorsportsaison. Das brachte ein noch größeres Interesse mit sich, da jeder wissen wollte, was sich über den Winter technisch getan hatte. Die Zeit der Kompressoren und Ladepumpen war vorüber. Das führte zum Debüt mehrerer Werksneuheiten. Dazu wurde der Lauf der 250er Lizenzklasse als erster Lauf zur Deutschen Meisterschaft gewertet. Schon die 125er Klasse brachte eine Überraschung. Otto Daiker siegte mit dem neuen NSU Lambrettaroller in der 125er Klasse.

 

Streckenplan 1952 - 1955


Da die Strecke 1952 von 3,3 auf 5km verlängert wurde, war der Rundkurs wesentlich vielseitiger. Trotz schlechten Wetters kamen etwa 60.000 Zuschauer, darunter auch die gesamte Fachprominenz aus Verbands- und Industriekreisen.

August Hobl, DKW 2 Zyl.-Werksmaschine


Beim sechsten Dieburger Dreiecksrennen, 1953, war die von Roland Schnell mit Werksunterstützung gebaute 350er Einzylinder Horex die ganz große Überraschung, denn es standen gleich zwei Maschinen in der ersten Startreihe. Mit dieser Maschine war H.P. Müller der überragende Fahrer des Tages. Er siegte souverän mit 121,4 km/h und fuhr mit 124,9 km/h Tagesbestzeit. Fritz Kläger brachte die zweite Horex auf den zweiten Platz.
Trotz bester Kritiken von allen Seiten ging das Gerücht um, dass dies die letzte Veranstaltung sein sollte. Die Rennleitung ließ sich nicht entmutigen und es folgten 1954 und 1955 noch zwei weitere Veranstaltungen.

 

Walter Zeller, BMW 500, Ostkurve

Die letzte Veranstaltung war sogar international ausgeschrieben worden. 118 Fahrer aus zehn Nationen hatten 1955 gemeldet, z.B. Ronald Siriwardena (Ceylon) oder Kan Kavanagh (Australien). Den 40.000 Zuschauern wurden packende Kämpfe geboten, die oft erst auf den letzten Metern entschieden wurden. NSU, DKW und Moto Guzzi hatten ihre Werksrennställe geschickt. Doch dunkle Wolken zogen über dem Dieburger Forst auf. Der Hessische Innenminister Heinrich Schneider eröffnete Rennleiter Petermann, dass er kaum eine Möglichkeit sähe, das Rennen 1956 noch einmal zu genehmigen. Grund war, dass es bei dem zunehmenden Straßenverkehr kaum mehr möglich sei, die beiden Hauptverkehrsadern B26 und B45 zu sperren. Und so war es dann auch. Beim Rennen der 500er Solomaschinen wurde zum letzten Mal die Zielflagge geschwenkt.

 

Noll-Cron vor Schneider-Strauß, Stadtkurve

Am Sonntag waren ca. 25.000 Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung angereist. Viele nutzten den Sonderzug aus Darmstadt, andere kamen mit allen damals zur Verfügung stehenden Vehikeln oder scheuten auch keine weiten Fußwege. Die berühmte Fliegerin Elly Beinhorn gab ihr Debüt als Sprecherin des HR, dessen Intendant Eberhard Beckmann zu den Ehrengästen zählte. Pünktlich um 10:00 Uhr startete Rennleiter Petermann die 125er Klasse auf der 3,2 km lange Strecke. Der Höhepunkt an diesem Tag sollte die Klasse der 500er Lizenzfahrer werden. Schorsch Meier (BMW Kompressor) siegte nicht nur mit einem Schnitt von 127,5 km/h, sondern fuhr auch mit 132 km/h die schnellste Runde. Die Premiere wurde ein voller Erfolg.